Etwas besseres als den Tod...
Was aus den Bremer Stadtmusikanten geworden ist? Wenn sie nicht gestorben sind.
Sie sind gestorben.
Die Alters-WG im Räuberhaus ist aufgelöst.
Ulrike Andersen vom Figurentheater Bremerhaven zeigt uns vier Abschiede von vier Individuen, von Dingen, von Erinnerungen.
Wer verabschiedet sich von wem? Esel, Hund, Katze und Hahn verabschieden sich hier nicht voneinander, sie treffen sich nicht, jede, jeder ist für sich. Jede*r stirbt für sich allein.
Es ist die Figurenspielerin, die sich verabschiedet. Von ihrem Theater [nach 25 Jahren], von ihrem Publikum, ihren Spielzeugen – und stellvertretend von diesen vier tierisch-menschlichen Figuren. Sie präsentiert die vier Charaktere mit ihren unterschiedlichen Temperamenten in vier aufeinander folgenden Szenen, um sie einzeln zu würdigen. Sie macht die Symbiose zwischen ihr und ihnen sichtbar und zeigt sie zugleich in ihrer Eigenständigkeit, ja Selbstbestimmtheit, gerade im Vorgang des Sterbens. Sie begleitet ihre Wesen buchstäblich auf Schritt und Tritt, beschreitet den ganzen Raum und das (fast) ohne ein einziges Wort. Sie ist Lebensspenderin und Sterbebegleiterin gleichermaßen, Schutzengel, stille Therapeutin, guter Geist, Seele und Körper, tatsächlich von den Finger- bis in die Fußspitzen. Sie macht dabei – wie immer – die Illusion durchschaubar und erschafft sie im selben Moment neu. Sie ist Schöpferin und Dekonstrukteurin, Gestalterin aller Dinge, ist Gott und Tod. Wie jede empathische Figurenspielerin.
Wir sehen den Hund sein schweres Leben im Müllsack hereintragen. Er entsorgt es und sich selbst vor unseren Augen auf einem einzig sichtbaren Sperrmüllstapel an unbekanntem Ort.
Er ist der Letzte der Vier. Aber auch den anderen drei Gestorbenen gebührt die öffentliche Aufmerksamkeit. So gelingt es der Spielerin, sie würdig und wortwörtlich zu reanimieren. Den Hahn, den omnipotenten Überflieger, der sich noch ein letztes Mal im Kampf des männlichen Identitätskonflikts an seinen eigenen Kräften aufreibt und zugrunde geht. Die Katze, die, umhüllt von Melancholie und Erinnerungsverlust, in ihrer besonderen Welt Orientierung sucht und die Option der sieben Leben auskostet. Der Esel, der mit seiner grenzenlosen Lebensfreude auch die letzte Schwelle tanzend als nahtlosen Übergang erlebt.
Kein Pathos, kein Vermächtnis, keine Botschaft, vielleicht nur eine stille Antwort.
Etwas Besseres als den Tod … gelebt zu haben. Und loslassen zu können.
Idee, Figurenbau- und Spiel: Ulrike Andersen
Regieteam: Martin Leßmann, Claudia Hanfgarn, Martin Kemner, Eberhard Holbein
Stückentwicklung: Team
Fotos: Martina Buchholz
Veranstalter
An der Packhalle V 10
27572 Bremerhaven
Weitere Informationen
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